H.G.Parry „Die unglaubliche Flucht des Uriah Heep“ oder „Literaturseminar das Buch“

Titel: Die unglaubliche Flucht des Uriah Heep
Autor: H.G.Parry
Seitenanzahl: 609
Verlage: Heyne Verlag
ISBN: 3453320689

In Charlie Sutherlands Vorlesungen wird die Literatur lebendig und das im wahrsten Sinne des Wortes. Der junge Mann hat die Fähigkeit Figuren aus ihren Büchern heraus zu lesen und in die Wirklichkeit zu bringen. Eine Fähigkeit, die besonders von seinem großen Bruder Rob gar nicht gerne gesehen wird, hat es sie doch bereits in so einige Schwierigkeiten gebracht. Als Charlie eines Tages Charles Dickens Bösewicht Uriah Hepp herbei liest, kommt es zu einer Kette von Ereignissen. Rob und sein Bruder werden schnell in eine Welt voller Mysterien und natürlich Literatur gezogen. Sie finden sich wieder auf einer Straße die nur von literarischen Figuren bewohnt wird. Dort muss sich Charlie dem Kampf gegen einen weiteren Beschwörer stellen, eine Aufgabe die dem mürrischen Rob so gar nicht gefällt.

Bücher über Bücher zu schreiben ist gar nicht so einfach. Es ist nicht einfach dabei getan hier und da mal einen bekannten Titel fallen zu lassen oder sich über berühmte Autoren der Weltliteratur auszulassen. Romane über das Lesen gab es in den letzten Jahren zuhauf. Kai Meyers „Die Seiten der Welt“ oder Cornelias Funkes „Tintenherz“ dürften den meisten ja bekannt sein. Bücherratten lieben es einfach über ihr liebstes Hobby zu lesen, löst es doch ein vertrautes Gefühl aus, da man mit der Materie bereits so gut vertraut ist. Doch kaum ein Buch hat für mich bevor so gut eingefangen, was es wirklich bedeutet in eine Geschichte einzutauchen. Wenn Charlie seine ganz besondere Beziehung zu Büchern beschrieb, sind mir beinahe Tränen der Rührung in die Augen geschossen, verstand ich ihn doch nur zu gut. In anderen Büchern über Literatur wird vielleicht die Literatur als etwas Besonderes an sich hochgehalten, H.G. Parry zeigt einem hingegen auf wie wunderbar das Lesen doch sein kann.

Alle Bücher über Literatur scheinen irgendwie eines gemeinsam zu haben: Sie lieben es bekannte literarische Figuren als Nebendarsteller auftauchen zu lassen. Auch das ist eine Kunst für sich und hier hat Parry ebenfalls in meinen Augen das richtige Gespür bewiesen. Zunächst einmal finde ich es erfrischend, dass bei ihr klare Regel gibt, wie und warum Figuren aus ihren Geschichten fallen. Sie sind immer das Produkt der Interpretation des Lesers und damit an bestimmte Restriktionen gebunden. Es würde jetzt hier zu weit gehen, dass genau auszuführen aber nur so viel, ich habe mich über jedes neue bekannte Gesicht gefreut, einfach, weil ich gespannt war was für eine Interpretation es hervorgebracht hat. Natürlich ist diese Herangehensweise ein zweischneidiges Schwert. Das Buch ist gefüllt mit detaillierten Interpretationstheorien und Begriffen der Literaturwissenschaft, so etwas muss man schon mögen. Ich liebe, es hab es also voll und ganz genossen.

Dass mir Charlie von Anfang an sympathisch war, sollte am Anfang ja bereits klar geworden sein. Ich hab mich mit seinem Bruder Rob schon schwieriger getan, was nicht förderlich war, da das Buch aus seiner Sicht geschrieben war. Er ist immer schlecht gelaunt und scheint seinen Bruder mal zu verabscheuen und dann wieder zu lieben. Mit der Zeit bemerkte ich jedoch, dass dies durchaus auch seinen Sinn hat und das hinter der schwierigen Beziehung der Brüder mehr steckt als ich zuerst dachte. Am Ende stellte sich Rob als sehr viel komplexer heraus als ich zuerst annahm. Ich kann allerdings auch verstehen, wenn er für viele Leser sehr die Stimmung des Buches drückt. So geht es zwar den anderen Figuren auch aber das macht es nicht weniger irritierend.

Eine große Schwäche scheinen viele Bücher über Bücher ebenfalls zu teilen und leider dieses auch. Der Plot tritt zwischendurch ordentlich auf der Stelle. Lange vergeht sich die Geschichte einfach nur in den Wundern der Literatur und der Magie die Charlie Sutherland innewohnt. Das ist auch alles gut und schön nur will die eigentliche Geschichte lange nicht in Schwung kommen. Allerdings (bevor das jetzt zu negativ klingt) muss ich auch loben, dass die eigentliche Geschichte dafür erstaunlich wendungsreich ist. Mehr als einen Twist und Überraschung erwarten einem am Ende.

Was soll ich also noch als Fazit sagen? Jeder der Literatur liebt, soll doch bitte sofort zu greifen. Am besten dabei gleich noch einmal mit der flachen Hand über den Einband streichen. Der ist nämlich wunderschön gestaltet und geprägt.

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